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Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB): Aktuelle BGH-Entscheidung 2025

Der BGH hat im Mai 2025 ein wichtiges Urteil zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gefällt. Dabei wurde deutlich: Nicht jede riskante Autofahrt erfüllt automatisch den Straftatbestand – entscheidend ist eine konkrete Gefährdung.

1. Sachverhalt

Das Landgericht Hildesheim verurteilte einen Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Der Angeklagte war mit einem Pkw auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants auf einen Zeugen zugesteuert, der zuvor einen körperlichen Übergriff auf ihn begangen hatte.

Er fuhr ruckartig an, beschleunigte stark und steuerte direkt auf den Mann zu. Das Opfer konnte sich durch einen Sprung in eine Steineinfassung retten. Das Fahrzeug verfehlte ihn um weniger als einen Meter. Der Angeklagte drehte eine Schleife und fuhr erneut auf den Mann zu, der wiederum ausweichen konnte.

Das Landgericht sah hierin einen vollendeten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und nahm eine konkrete Gefährdung an.

2. Entscheidungsgründe des BGH (Beschluss vom 20.05.2025 – 4 StR 168/25)

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil teilweise auf.

Hohe Anforderungen an die Vollendung: § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt eine konkrete Gefährdung von Leib, Leben oder fremden Sachen von bedeutendem Wert voraus.

Konkrete Gefährdung = Beinahe-Unfall: Die Situation muss so riskant gewesen sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Opfer oder eine Sache verletzt wurde.
Feststellungen unzureichend: Das Landgericht stellte zwar dar, dass der Zeuge ausweichen konnte, beschrieb aber nicht konkret genug, ob die Lage tatsächlich eine „hochriskante Situation“ im Sinne der Rechtsprechung darstellte.

Konsequenz: Aufhebung des Schuldspruchs wegen vollendeten gefährlichen Eingriffs. Möglich bleibt eine Verurteilung wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 2 StGB).

3. Zusammenfassung

Der BGH stellt klar: Nicht jede riskante Fahrweise erfüllt den Tatbestand des vollendeten § 315b StGB.

Entscheidend ist eine objektiv nachweisbare konkrete Gefährdung – also eine Lage, in der es fast zu einem Unfall gekommen wäre.

Bleiben die Urteilsfeststellungen hierzu ungenau, liegt nur ein Versuch vor.

Achtung: Diese Entscheidung ist besonders wichtig für Verteidiger, Staatsanwälte und Gerichte, da sie die hohe Beweislast für die Annahme einer Vollendung verdeutlicht.

4. Tipps & Ratschläge vom Strafverteidiger

  • Für Beschuldigte: Schweigen Sie bei polizeilichen Vernehmungen und nehmen Sie sofort anwaltliche Hilfe in Anspruch. Die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung kann für das Strafmaß entscheidend sein.
  • Für Verteidiger: Prüfen Sie die Urteilsgründe genau – fehlen konkrete Feststellungen zur Gefährdung, bietet die Revision eine große Chance.
  • Für Geschädigte: Auch wenn eine Situation subjektiv als lebensgefährlich empfunden wird, ist rechtlich entscheidend, ob objektiv eine konkrete Gefahr bestand.
    Allgemein: Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist eine der schwersten Verkehrsstraftaten. Schon der Versuch ist strafbar, aber die Strafrahmen unterscheiden sich erheblich.

5. Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann liegt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB vor?
Was bedeutet „konkrete Gefahr“?
Was ist der Unterschied zwischen Versuch und Vollendung?
Welche Strafe droht?
Kann der Führerschein entzogen werden?