Ersatz der Sachverständigenkosten
BGH, Urteil vom 28.2.2017 (VI ZR 76/16)
Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Haftpflichtversicherung aus abgetretenem Recht Ersatz restlicher Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfall. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Geschädigte beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Schadenhöhe und trat ihm ihren Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten ab. Die Beklagte hat ca. 90% der Sachverständigenkosten erstattet. Im Übrigen wendet sie ein, dass das Grundhonorar und die Nebenkosten überhöht sein.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung hat die Klage zu einem Teil abgeändert, so dass die Beklagte noch ca. 5% nachzahlen musste. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Revision ein. Die Beklagte wollte nichts zahlen. Die Revision hatte keinen Erfolg. Diese wurde zurückgewiesen.
Begründung:
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls hat gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten. Diese Kosten gehören nämlich zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
Die Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Die Bemessung des Tatrichters ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.
Wenn der Tatrichter seiner Bemessung bzw. Schätzung die übliche Vergütung für die Leistung des Sachverständigen zugrunde legt, ist dies unbedenklich.
Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, muss Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehende Schwierigkeit Rücksicht zu nehmen. Der Geschädigte ist auch nicht grundsätzlich dazu verpflichtet, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
Den Geschädigten trifft gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des erforderlichen Herstellungsaufwandes. Dieser Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeuges beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bildet nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages i. S. v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages i. S. v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten, zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher.
Der verständige Geschädigte, der keine Honorarvereinbarung trifft und den Schadensersatzanspruch bei Erteilung des Gutachtenauftrages abtritt, wird im Regelfall davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht.
Hinweis:
Die Versicherer lassen bei der Schadenminderung nicht unversucht. Mal werden 5,- EUR bei der allgemeinen Kostenpauschale gekürzt, mal 50,- EUR bei den Sachverständigenkosten, mal etwas anderes. Sie haben Anspruch auf den Ersatz der Sachverständigenkosten und natürlich Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltsvergütung. Nehmen Sie sich am besten unmittelbar einen Rechtsanwalt zur Hilfe, der Sie bis zum Abschluss der Regulierung de facto kostenlos behilflich ist. Sie müssen sich dann um nichts mehr kümmern. Der Rechtsanwalt übernimmt den gesamten Schriftverkehr und überprüft, ob die Kürzung rechtmäßig erfolgte oder nicht.